Caspar Schober                      Aus „Sonette und Gaselen

 

 

 

I.

 

Des edlen Wissens weite Strecken messen,

Noch jung, des Schönen innig sich befleißen,

Verbannen was verletzt aus sonn’gen Kreisen,

Als ob man’s nie gehört, es nie besessen;

 

Wer kann, was Schnödes ihm geschah, vergessen

Und Wahrheit künden in melod’schen Weisen,

Wer dies vollbracht mag hold das Schicksal heißen,

Denn seine Seele kann kein Kummer pressen.

 

Was kümmert Thorheit uns mit ihren Plagen?

Und will auch eine ungebet’ne Stunde

Sich schleichen leis’ zu unsern Wonnetagen,

 

Hilft Hafis doch, der stets mit uns im Bunde;

Der weiß ja Rath in allen Lebenslagen

Und spricht ihn aus mit immer süßem Munde!

 

 

II.

 

Dem Einen ist die Welt ein süßes Eden,

Ein schöner Ort wo tausend Blumen glühen,

Weil ihn selbst stilles Glück und Ruh’ umblühen,

Und weil sein Herz abhold den wilden Fehden.

 

Der Andre fühlt gedrungen sich zum Reden,

Leicht wallt das Wort ihm auf zum heftigen Sprühen,

Er muß, zu mildern es sich oft bemühen,

Und Stoff hat stets genug die Welt für Jeden.

 

Doch wird nur dem das Liebliche gedeihen,

Dem ferne wie der Stolz auch feiges Beben,

Der gern bereit, dem Edlen sich zu weihen;

 

Wer Allem echte Würdigung kann geben,

Dem werden günstig sich die Horen reihen

Und ihn in schönem Gleichgewicht umschweben.

 

 

III.

 

Wenn mir im Busen glühten reine Flammen,

So hieltet frostig ihr die Brust verschlossen,

Und nüchtern blicket ihr und selbst verdrossen,

Wenn mir in Wonnegluth die Augen schwammen;

 

Ihr konntet hart und schonungslos verdammen

Ein Wort das arglos meinem Mund entflossen;

Wenn ich der Unschuld reines Glück genossen

Schlugt ihr die Hände überm Haupt zusammen.

 

Drum lausche ich den sanften Melodieen,

Küß’ ich die Ros’ in ihrem milden Scheine,

Neigt sich mein Ohr den süßen Harmonieen,

 

Vergällt mir dann nicht des Genusses Reine, -

Schreckbilder hegen eure Fantasieen,

Von bösem Wahn umspannt, doch nicht die meine.

 

 

IV.

 

Ich der ich gerne Herzenswonnen trinke

Und Liebe mir ersehne stets aufs Neue,

Am Morgen schon mit reiner Lust erfreue

Und mit ihr Abends in den Schlummer sinke,

 

Ich, der ich wünsche, daß mir täglich blinke

Aus einem lieben Auge heil’ge Treue,

Flieh’ jeden schlimmen Kampf mit Angst und Scheue,

Bemerke nur der Anmuth sanfte Winke.

 

Bei Harten nur ist immer Streit vorhanden,

Bei Heft’gen die nur stets in Eifer leben,

Die nie des Friedens Milde noch empfanden,

 

Doch mir gefällt der Guten sanftes Streben

Nur sie sind mit einander einverstanden

Und sie nur führen gern ein Friedensleben.

 

 

V.

 

Du glaubst es nicht daß ich so viel gelitten,

Weil ich den Schmerz bewußt und still getragen,

Weil ich in schweren, ja betrübten Tagen

Noch muthig dorn’ge Pfade fortgeschritten.

 

Du glaubst’s nicht daß von meinen heißen Bitten

Der größte süß’re Theil mir fehlgeschlagen,

Doch könnten Dir es nur zu sicher sagen

So mancher Menschen ungezähmte Sitten.

 

Daß bei so langem sorgenvollem Lieben

Die Stirne ich mir faltenlos erhalten,

Daß freudig funkelnd mir das Aug’ geblieben,

 

Kann ich mir selber kaum ja sie entfalten,

Und einem Genius sei es zugeschrieben

Der mich umstand mit himmlischen Gewalten.

 

 

VI.

 

O daß wir noch der Schlimmen Kreis entronnen

Wo niemals Tugend sich und Schönheit einen,

Wo Deinem Herzen, Edler, wie dem meinen

In steter Klage fehlten alle Wonnen.

 

Doch jetzt hat eine andre Zeit begonnen

Und unser Herz genest von tiefen Peinen,

Als Stolz mag denen unser Thun erscheinen

Die von Gemeinheit ewig sind umsponnen.

 

Wir mußten bald erröthen bald erblassen,

Es seufzten unsre Herzen oft im Stillen

Bei Menschen die das Schöne fliehen, hassen,

 

Und Sünder, die den zügellosen Willen

In unheilvollem Wahne schalten lassen,

Verhöhnten unsre Tugend schnöd als Grillen.

 

 

VII.

 

Es muß das Herz an einer Wunde bluten

In diesen leidensvollen Erdentagen,

Und glücklich ist der Mensch, der noch kann sagen:

„Das meine zehrt sich auf in Liebesgluthen.“

 

Drum werde ich zum süßen Trost der Guten

Die ganze Fülle meiner Schmerzen tragen,

Wenn auch die Seele bangt in heißen Klagen

Und Thränen oft die Augen rings umfluthen.

 

Nicht tauschen möchte ich mit jenen Herzen,

Die sonder Klage zwar und Leid veralten,

Doch auch das schöne Liebesglück verscherzen;

 

Wie ferner mag der Himmel mit mir schalten

Wie mich erwarten tiefe heil’ge Schmerzen,

Einst brechen wird mein Herz, doch nie erkalten.

 

 

VIII.

 

Es nahe Keiner mehr sich mir zum Scheine,

Es spreche keiner ränkevoll, verlogen,

Wenn Edles er aus meiner Brust gesogen,

Daß hohe Schönheit fülle auch die Seine.

 

Es traute stets mein Herz, das trugesreine,

Jetzt hab ich Manches reiflich erst erwogen,

Und nicht mehr werd ich thun, wie ich gepflogen,

Drum nahe keiner mehr sich mir zum Scheine.

 

Doch für den Freund voll wahrer edler Treuer,

Bei dem ich nimmer darf Betrug vermuthen,

Spar ich die Jugend, daß sie ihn erfreue,

 

Er wärme sich an meiner Seele Gluthen,

Für ihn soll stets und immer noch aufs Neue

Mir in dem Aug’ die Theilnahmsthräne fluthen.

 

 

IX.

 

Laß wieder nur die lauen Lüfte kosen

Auf allen buntbeblümten duft’gen Auen,

Laß bei des Junitages milldem Grauen

Nur Vögel jubeln in den weichen Moosen,

 

Dann bring’ ich Lieder schönen jungen Rosen

Die aus den halberschloß’nen Hüllen schauen,

Dann bring’ ich Lieder, die mir edle Frauen,

Die mir erhab’ne Seelen nicht verstoßen.

 

Im duft’gen Haag durch’s frische Grün zu dringen

Wo Blüthenzweige enge sich verweben,

Zu lauschen einer Heerd’ melod’schem Klingen,

 

Mit Blumenglöckchen neigen sich und heben,

Der Lilie reines Dasein zu besingen, -

Welch ein Beruf und welch ein Dichterleben?

 

 

X.

 

Ueb’ wieder ich des Liedes bunte Schwinge

Sanft zeichnend einen leichtgemess’nen Bogen,

Dort überm Blumenbeet das Lieb’ gezogen,

Sag’ nicht, daß nur die alte Leyer klinge.

 

Wohl weiß ich, daß Bekanntes ich besinge;

Doch bist Du ja dem Frühling auch gewogen,

Der blüht und glänzet wie er stets gepflogen,

Dir zeigend auch nur wohlbekannte Dinge.

 

Dem Lenz und seinem anmuthvollen Schoße

Entnehm ich gern den Stoff zu meinen Liedern,

Und gern dem sanften lauen Weltgekose.

 

Wes Auge weilt nicht gern an Blumenmiedern?

Und jede Tulpe, Freund, und jede Rose

Ist ein Sonettchen werth ja unter Brüdern.

 

 

XI.

 

Die Frühlingstage nah’n die himmlisch süßen,

Der muntre Winzer sieht nach seinen Stäben

Womit er stützen kann die grünen Reben,

Die üppig einst an Stöcken überfließen.

 

Dort zieht der Landmann freudig nach den Wiesen,

Von seinem Hausgenossen treu umgeben,

Sie machen emsig alle Hügel eben,

Und schon sieht man die goldnen Primeln sprießen;

 

Die Aprikosen blüh’n an den Spalieren,

Lustwandelnd sieht man alle frohen Blicke

Im neuen Grün der Auen sich verlieren;

 

Der Gärtner kann die Freude kaum erwarten

Und scheidet kundig aus die besten Stücke

Von seltnen Lilien- und Tulpenarten.

 

 

XII.

 

O himmlisches Gefühl, voll Lust zu sehen,

Wie sich nun schmückt Natur mit neuem Leben,

Wie sanfte Knospen zeigen sich an Reben,

Geweckt von lauer Lüfte mildem Wehen.

 

Erfüllet ist der Seele heißes Flehen,

Der Landmann horcht, indem er zieht die Gräben

Dem Lied der Lerchen die frohlockend schweben

Dort oben in der blauen, reinen Höhen.

 

Es schlägt am Wege aus die schlanke Palme,

Geküßt, umarmet von der Sonne Milde

Gedeihen rings der Felder grüne Halme.

 

Natur spricht: „Jetzt beginnt die schöne Feier

Auf weitem, ringsum blühendem Gefilde,

Hervor, o Dichter, mit der goldnen Leyer!

 

 

XIII.

 

Das Flachsfeld steht zur hohen Lust und Freude

Dem der gepfleget es mit fleiß’gen Händen;

Man kann voll Lust das Auge nicht abwenden,

Die Blumen sind so sanft wie blaue Seide;

 

Sein milder Flor ist eine Augenweide;

Doch mit dem Blumenflore will nicht enden

Die Pflanze ganz, sie will noch freundlich spenden

Den zarten Stoff zum blendend weißen Kleide.

 

So lebt die edle Pflanze fort die stille,

Erfreut den Menschen durch ihr lieblich Glühen,

Erschließt die Blum’, verblüht und läßt sich weben;

 

Und Du, o Herz, das auch ja seine Hülle

Nur wechselt solltest nicht auch wieder blühen

Einst lieblicher im andern, schönern Leben?

 

 

XIV.

 

Es tropfen noch die sonnbestrahlten Zinnen;

Die Pflanzer, die dem Himmel ganz vertrauten

Und lang dem Regen schon entgegenschauten,

Sehn träufeln auf den Wiesen jetzt die Rinnen.

 

Im Garten triefen noch die Balsaminen,

Die Amsel läßt ihr helles Lied verlauten,

Dort trinken, ach, und schwellen auf die Stauden,

Es weilt erfreut des Gärtners Aug’ an ihnen.

 

Zur Lust belebt, sanft schwingend seine Flügel,

Eilt weg der Falter, über Hecken, Büsche,

Schwirrt, freudetrunken, um den Blumenhügel;

 

Es ist zum Staunen wie hier auf den Weiden,

Wo Lämmer ziehen, von des Regens Frische

Gestärkt die edlen Kräuter sich ausbreiten.

 

 

XV.

 

Es ziehen hin die Schwäne lieblich leise,

Der Sonne Gold hängt dicht an dem Gebüsch,

Bescheint am Tempel jede Heil’gennische; -

Dort summt die kleine Bien’ in ihrem Fleiße;

 

Der Käfer regt sich an dem grünen Reise,

Es rinnt melodisch hin der Quell, der frische,

Die Vögel singewn munter im Gemische,

Eintönig der, der nach melod’scher Weise.

 

Der Nebel ist im Sonnenschein zergangen,

Entblößt von ihm sind nun die Blüthendecken

Die auf den Fluren, an den Bergen prangen;

 

Die Wiesen sind vom Thaue frisch befeuchtet,

Die Blumen all’ gestärkt, die dunklen Hecken

Von tausend schönen Röslein beleuchtet.

 

 

XVI.

 

Auf sanften Wiesenpfaden zu spazieren,

Zu sehen nach den Blüthen auf den Bäumen,

Zu schau’n wie Berge sich in blauen Räumen

Gehüllt in leichten Ätherflor verliegen.

 

Der Freundin Brust mit einer Blume zieren,

Nach ihrem Gruß, nach ihrem kurzen Säumen

Von ihren Worten süß noch fortzuträumen, -

Dies ist mein liebstes Treiben und Studieren.

 

Ich dulde auch des heißen Tages Plagen;

Um jede Lust durch Müh’ zu büßen,

Mess’ ich des Berges Rücken ohne Klagen

 

Und Strecken, nicht willkommen müden Füßen;

Denn was Natur uns geben mag zu tragen

Weiß huldvoll sie uns immer zu versüßen.

 

 

XVII.

 

Man wandelt froh an dunklen Gartenwegen

An Hecken, die die Beete sanft umziehen

Und sieht die purpurrothen Beeren glühen,

Es herrscht im grünen Laub ein stilles Regen;

 

Die Bäume stehen schon voll Himmelssegen,

Es reifen Früchte unter Melodieen

Und lachen von des Westes Kuß gediehen,

Dem Aug’ in sanfter üpp’ger Pracht entgegen.

 

Der frohe Gärtner, der den Garten pflegte,

Kann laben sich nach seiner Mühe immer. –

Darf nicht auch einst der hohe Gärtner fragen

 

Der Keime mancher Frucht ins Herz dir legte,

Ob ihn erfreue auch der Früchte Schimmer

Der Früchte Gold an deinen Lebenstagen?

 

 

XVIII.

 

Vorüber ist der Regen und das Wetter,

Zwar schwellen an des Baches laute Wogen,

Doch glänzt der siebenfarbige Friedensbogen,

Geschützt hat Frucht wie Blum’ der Allerretter.

 

Gelabt erheben wieder sich die Blätter,

Die Vögel die sich nach der Kluft gezogen,

Sie kommen wieder froh hervorgeflogen

Und heißer, voller tönet ihr Geschmetter.

 

Nur wenige Tropfen kann man noch erlauschen

Nur einzelne die fallen sanft hernieder,

Doch lauter hört man schon das Bächlein rauschen;

 

Die Löffelgans entsteigt dem See voll Wonne,

Entfaltet jetzt ihr silbernes Gefieder

Und läßt es trocknen von der gold’nen Sonne.

 

 

XIX.

 

Wenn auf der Flur die Strahlen sanft zerrinnen

Die Herden heim von ihrer Weide gehen,

Die Lotosdüfte mild im Garten wehen,

Im stillen Thal die Schatten schon beginnen,

 

Umschließt die Sonne, eh’ sie zieht von hinnen

Noch anmuthvoll die heißgeliebten Höhen,

Die Tannen die in hehrer Ruhe stehen

Und grüßt nochmal der Schlösser hohe Zinnen.

 

Dann klingt die Zither schmachtend unterm Zelte

Man sieht wie Mädchen von den Wiesen wallen,

Hört muntre Amseln flöten im Gebüsche,

 

Dann wird es lauter im geschoßten Felde,

Die nah’n, die fernen Abendglöcklein schallen,

Die Möve taucht sich in des Seees Frische.

 

 

XX.

 

Laß uns nicht ob des Lenzes Scheiden klagen,

Obwohl er uns so süße Lust verliehen,

Obwohl so manches Schöne uns gediehen,

Denn auch der Herbst verleiht ein Wohlbehagen.

 

Wie ist es schön an lieblich warmen Tagen,

Wenn schneller schon die sonn’gen Stunden fliehen;

Wie schön die stillen Freuden einzuziehen,

Und sanfte Stimmung im Gemüth zu tragen?

 

Wir lassen uns von Lust von heitern Scherzen

Zur anmuthvollen Rührung gern erweichen,

Weil sich dann wieder neue Wünsche bilden;

 

Und diese sanfte Wehmuth uns’rer Herzen

Und diesen Seelenton möcht’ ich vergleichen

Dem milden Glanz auf herbstlichen Gefilden.

 

 

XXI.

 

Als jüngst die Blätter fingen an zu bleichen

Da dachten wir noch im Vorüberwallen:

„An ihnen wird noch mancher Sturm abprallen,

Sie halten fest ja noch an ihren Zweigen“.

 

Doch, wie seit gestern sich die Stürme zeigen,

Ist manches Blatt verwundet bis zum Fallen,

Ein ängstlich Stöhnen hören wir von allen:

„Wir müssen bald dem argen Tosen weichen“.

 

Die Blätter, die so lang’ geschart geblieben,

Für unser Auge dichte Sonnenschirme,

Seh’n wir jetzt einzeln auseinanderstieben;

 

Es tobt der Wind um Haus um starke Thürme,

Wir sprechen still bei seinen scharfen Hieben:

„O wären es statt Herbstes- Frühlingsstürme“.

 

 

XXII.

 

Es liegen tief im frischen Schnee die Hütten,

Im Freien flattern lustig auf und nieder

Die Hänflinge mit gelblichem Gefieder,

Leis’ ziehn vorüber leicht belad’ne Schlitten;

 

Die muntre Freundin kömmt in sanften Tritten

Zur Freundin, die noch stickt am goldnen Mieder.

Der Bruder nimmt zur Hand und spielt die Ziether

Auf seiner Schwester und der Freundin Bitten.

 

Still ist es rings im glänzenden Gebirge,

Nur ein vertraut einladendes Geläute

Vernimmt man von der kleinen nahen Kirche;

 

Starrt auch des Baches Rand in dichtem Eise,

Thront doch des Herzens ungetrübte Freude

Im traulichen im liebverschlung’nen Kreise.

 

 

XXIII.

 

Wie still ists nun im weiten Weltenraume;

Der Schlaf will Alles jetzt mit Ruh’ erquicken,

Wenn lächelnd rings die goldnen Sternlein blicken

Von einem bis zum andern Weltensaume.

 

Dem Vogel in dem Nestchen auf dem Baume

Will er die süße Herzensstärkung schicken, -

Dem Mann, den Sorgen schwer am Tag umstricken

Reicht er Vergessen in dem schönen Traume.

 

Jetzt, wo gewichen von der Welt der Kummer,

Wacht Liebe nur beim blanken Lampenscheine,

Denn Himmelslust ist nicht an Zeit gebunden;

 

Die Mutter winkt noch ab dem nah’nden Schlummer

Und hält im Arm das liebe Kind das kleine,

Das sich, erwacht, um ihre Brust gewunden.

 

 

XXIV.

 

Es kämpft die Schifferin mit zarten Händen

Die stets gepflückt nur freudig schöne Rosen;

Wohl helfen Wellen ihr mit leichtem Kosen

Und möchten gerne ihr das Schifflein wenden;

 

Doch wird wohl auch Gefahr, wohl Leiden enden,

Wenn um die Segel nicht um die arglosen

Die Lüfte wehen in drangvollem Tosen,

Und so dem Schiff’ und Mädchen Hülfe senden?

 

Das hast auch Du, o Herz, schon oft empfunden,

Wenn Du in süßen Wünschen dich verfangen;

Obgleich die Liebenden dir weich gebettet,

 

Wärst du genesen wohl von deinen Wunden,

Von deiner Seele glühendem Verlangen,

Wenn nicht der Himmel hätte dich gerettet?

 

 

XXV.

 

O fahre hin, mein kindlich frommer Glaube

An hohe Menschlichkeit, dein heiß Begehren

Soll länger nicht am kranken Herzen zehren,

Werd’ strengem Herbst und Wintersturm zum Raube!

 

Du magst Dich setzen auf die nächste Laube,

Und magst dich von dem Ohngefähr ernähren; -

So klagt ich oft schon unter bittern Zähren, -

Allein, es bleibt nicht aus die gute Taube;

 

Und hör’ ich wieder flattern ihr Gefieder,

Und girrt sie seufzend an dem Herzensschlage

Den sie gefunden in dem reinsten Triebe,

 

Dann öffnet sich so gern die Pforte wieder,

Das Herz vergißt die unbedächt’ge Klage,

Und herzt die Taube mit der alten Liebe.

 

 

XXVI.

 

Wem Hochgefühle noch den Busen heben,

Wen sie zu schönen Höhen treu geleiten,

Wer Freude sich ersehnt in diesen Zeiten

Wie sie der Himmel will der Erde geben, -

 

Der muß, wenn er durchschaut in diesem Leben

Der Menschen tiefgedachte Schlechtigkeiten,

Die Schlingen, die sie listig sich bereiten,

In seinem innersten Gemüth erbeben.

 

Er sieht schon, jubelnd, die Gewährung winken,

Traut, hocherfreut, dem ihm gewog’nen Glücke

Und will der Freude in die Arme sinken;

 

Da sieht er durch des Feindes arge Tücke

Des Glückes ganzen Bau in Stücken sinken, -

Wie bebt der Edle schaudernd da zurücke?

 

 

XXVII.

 

Da der Erfolg uns hold, die Tadler weichen,

Und unsre Herzen nun die allzuspröden,

Verschwimmen seh’n die vielen heißen Nöthen,

So könntest Du Dich jetzt voll Stolzes zeigen;

 

Du thust es nicht, erbarmst Dich noch der Feigen,

Ersparst den Feinden selbst ein Schamerröthen,

Ja, denen die in ihrem Neid, dem öden,

Gekränket uns durch Wort durch tück’sches Schweigen.

 

Ein klein’res Herz nun würde lärmen, schnauben

Und nicht erhalten sich den Puls der stäten,

Durch Unmuthsausdruck nicht zu sünd’gen glauben.

 

Mit einem Dankesblick zum Himmel beten, -

Nur den Triumph willst, groß, du dir erlauben,

O möcht’ ich auch in deine Stapfen treten.

 

 

XXVIII.

 

Das kleinste thöricht Wörtchen, kaum geboren,

Das ohne Arg entflohen meinem Munde,

Das brachten, wissend, wie es Dich verwunde,

Sie voll unedlen Eifers Dir zu Ohren;

 

Doch alles Schöne ging für Dich verloren,

Und niemals brachten sie Dir davon Kunde

Was schlug für Dich in meinem Herzensgrunde,

So listig war man gegen uns verschworen.

 

Rings von der Arglist bösem Netz umsponnen,

Mußt ich auf Liebesdienste lang verzichten

Die ich in aller Herzensgluth begonnen;

 

Wie sollte ich den argen Trug vernichten,

Der tückisch uns verdarb die besten Wonnen,

Wenn nicht durch muthiges vieltreues Dichten?

 

 

XXIX.

 

Wie bin ich müde hin und her zu wanken,

Wie satt, mein Leib zu klagen nur den Hainen,

Und Thränen immer nur allein zu weinen,

Wie deren meinem Aug’ entsanken.

 

Wie wünsch’ ich mich dem Freunde anzuranken,

Vor ihm in jeder Stunde zu erscheinen,

Mit ihm in wahrer Treue zu vereinen,

Wie reges Streben, kräftige Gedanken.

 

Doch meine Seel’, in ungestümem Bangen,

Wird noch ihr heißersehntes Ziel erreichen,

mein Arm wird noch den treuen Freund umfangen,

 

Mein glücklich Herz wird ruh’n an seinesgleichen,

Und ist gestillt dies innige Verlangen,

Wird alles Leid der milden Freude weichen.

 

 

XXX.

 

Laß nur den Thoren ihre Art, den lauten,

Die, während sie bewegt und herzlich scheinen,

Des eignen Planes Fäden klug vereinen

Und überall nach ihrem Vortheil schauen.

 

Wenn Du es wagst, auf mich, den Freund zu bauen,

Will ich mit Dir in bangen Tagen weinen, -

Dund Deine Freuden machen zu den meinen, -

Drum zögre nicht, mir innig zu vertrauen.

 

O lasse Dich an meiner Seiter nieder,

Und eh es käme nur zum kleinsten Streite,

Entbänd’ ich lieber Dich des Wortes wieder;

 

Denn triffst Du Einen in der Näh’ und Weite

Der mehr als ich verwirklicht süße Lieder,

So tret’ ich ohne Klage schnell zur Seite.

 

 

XXXI.

 

Wer trocknete sich nicht in leisem Bangen

Die Augen schon, o Freund, die thränennassen,

Wenn er in Liebe über alle Massen

Zu kalt erwidert sah sein Gluthverlangen?

 

Allein, wem so die Liebe aufgegangen,

Daß ganz bezwungen er jedwedes Hassen,

Kann keine Seele unbeachtet lassen,

Muß, wie die Sonne, Vieles hold umfangen.

 

Wenn auch auf Andre Deine Blicke fallen,

So wird, Vieledler mir darum nicht scheinen

Daß minder stark des Frewundes Herzenswallen;

 

nur wem ganz fremd im Herzen ist Verneinen,

Und nur wer treu geblieben Allen, Allen,

Der wird auch wagen es zu sein dem Einen.

 

 

XXXII.

 

Wenn mir der Ruhe mildes Glück beschieden,

Der Ruhe die allein noch heilet alle Wunden,

Wenn jetzt, ach, da bange Tage sind verschwunden,

Nun meine Seele schlürft den holden Frieden,

 

Wenn, was so einzig wünschenswerth hienieden,

Noch meine gläub’ge Seele hat gefunden, -

So ist’s weil sie in frühern bittern Stunden

Gar manches schon gethan und Viel vermieden.

 

Die Schönheit ist allein für jene Herzen

Die blinken noch in lilienweißer Reine

Geläutert durch die Gluth von heil’gen Schmerzen.

 

Sie mögen fleh’n beim heil’gen Lampenscheine,

Sie mögen freu’n sich an erlaubten Scherzen

Wie einmal auch zu thun beliebt das Meine.